Geld fließt in den Niederrhein
Neue Geschäftsfelder und Verkauf des Betriebshofes brachten Enni auch im Krisenjahr ein Rekordergebnis
Krieg mitten in Europa, eine Energiekrise historischen Ausmaßes und Folgen des Klimawandels – für Stadtwerke war 2022 ein Jahr mit großen Risiken. Vor allem im Zuge der Preisturbulenzen durch einen bis heute drohenden Energiemangel musste die ENNI Energie & Umwelt Niederrhein im Energiegeschäft im Heimatmarkt Federn lassen. Nur weil sich die neuen, bis vor wenigen Jahren noch nicht vorhandenen Geschäftsfelder weiter gut entwickelten, konnte Geschäftsführer Stefan Krämer seinen Gesellschaftern jetzt ein deutliches Umsatzplus und mit 33 Millionen Euro inklusive eines Sondereffektes aus dem Verkauf des technischen Betriebshofes zum elften Mal in Folge ein Rekordergebnis liefern. „Allein das Energiegeschäft in Moers und Neukirchen-Vluyn hätte dies nicht annähernd ermöglicht“, fühlt sich Enni-Geschäftsführer Stefan Krämer in seiner Wachstumsstrategie bestärkt. Mit der stemmt sich das Unternehmen seit Jahren gegen den sonst drohenden Schrumpfkurs, für den es in der Stadtwerkelandschaft laut Krämer bereits einige Beispiele gibt. „In Osnabrück, Potsdam oder Konstanz müssen Städte teilweise Millionenbeträge zuschießen, um ihre Stadtwerke vor der Insolvenz zu schützen.“ So hat gerade das Krisenjahr gezeigt: Um wertschöpfend für die beteiligten Kommunen zu sein, ist die Diversifizierung in Themen wie Energieerzeugung, Beteiligungen oder Dienstleistungen sowie der Schritt in das bundesweite Energiegeschäft für Enni alternativlos. „Mit diesen starken Standbeinen machen wir heute weit mehr als die Hälfte unseres Geschäftes“, mache dies Enni zudem krisenfester. So fließen alleine den am Niederrhein beteiligten Städten über Gewinne, Konzessionsabgaben und Ertragssteuern jetzt rund 31 Millionen Euro zu. Dies dient in Moers auch dazu, wichtige kommunale Aufgabenfelder wie die Erneuerung der Bäderlandschaft, der Eishalle oder der Friedhöfe zu finanzieren. Mehr noch: Wie die Unternehmensberatung Eckart & Partner aus München kürzlich bei einer Standortbilanz für die Enni-Gruppe ermittelte, bleiben insgesamt 30 Prozent jedes durch Enni in der Region erlösten Euros über Investitionen, Einkäufe von Material und Dienstleistungen sowie Steuern oder Löhne und Gehälter am Niederrhein. „Das ist laut den Experten überdurchschnittlich, gibt unserer Heimat Wirtschaftskraft und sichert hier über 1.200 Arbeitsplätze“, könne dies der reine Energieversorger alter Prägung nicht mehr leisten.
Insgesamt kletterten die Umsatzerlöse 2022 auch durch die gestiegenen Energiepreise sprunghaft auf 303 Millionen Euro. Gegenläufig wirkten die entsprechend deutlich höheren Aufwendungen für den Strom- und Gaseinkauf. So stand das Energiegeschäft 2022 unter Druck, mit großen Herausforderungen im Handel, der Energiebeschaffung und im Vertrieb. Der Stromabsatz ging deutlich um elf Prozent auf 604 Millionen Kilowattstunden zurück. Beim Gas konnte Enni nur durch bundesweite Vertriebserfolge bei Großkunden eine ähnliche Entwicklung verhindern. In Moers und Neukirchen-Vluyn sank der Gasabsatz um knapp 15 Prozent und auch der Wärmeabsatz gab im Zuge der warmen Witterung und des Sparverhaltens der Kunden um 14 Prozent nach. Gleiches Bild beim Wasser, wo der Absatz im Enni-Gebiet nach Jahren erstmals wieder unter acht Millionen Kubikmeter fiel. Trotz der damit verbundenen Ergebnisrückgänge investierte Enni weiter rund 24 Millionen Euro in Zukunftsthemen. Rund zwölf Millionen Euro flossen dabei in die Energie- und Wassernetze, um sie so weiter für die Energie-, Wärme- und Mobilitätswende zu rüsten.
Dies ermöglichten Enni vor allem die Erfolge ihrer Wachstumsstrategie, etwa im bundesweiten Energievertrieb. Zwar musste das Unternehmen hier durch die unkalkulierbaren Entwicklungen an den Energiebörsen Aktivitäten zeitweise einstellen. In 2022 wirkten aber zeitversetzt Akquisitionserfolge im Großkundengeschäft aus dem Vorjahr. Erfolgreich blieb Enni auch mit kaufmännischen und technischen Dienstleistungen für Kooperationspartner wie der Telekom und Vodafone, die Stadtwerke Dinslaken oder neu die Erdgasversorgung Schwalmtal. Hier stiegen die Erträge um rund 12 Prozent auf rund 7,5 Millionen Euro. Auch der Beteiligungsbereich entwickelt sich mit Anteilen an mittlerweile 18 Unternehmen, wie der Fernwärme Niederrhein, der Biokraftgesellschaft Moers/Dinslaken oder der Enni Solar, weiter sehr gut. Hier konnte Enni Erträge verdoppeln, die von 2,4 Millionen Euro auf jetzt rund fünf Millionen Euro stiegen. Hierzu trugen auch die beiden neuen Beteiligungen an der Erdgasversorgung Schwalmtal und am Windpark Hünxer Heide bei, die die Gelsenwasser AG gegen Unternehmensanteile im Frühjahr 2022 in Enni einbrachte. Auch der Energiehandel liefert weiter ein gutes Ergebnis. Hier verzeichnete das Unternehmen vor allem als Dienstleister für Unternehmen wie die Vertriebstochter Enfi – Energie für Immobilien oder die Erdgasversorgung Schwalmtal mit 831 Megawattstunden deutlich gestiegene Handelsmengen. Dadurch stiegen die Handelserlöse um rund 90 Prozent auf rund 35 Millionen Euro.
Bei allem Erfolg hat das Krisenjahr bei Enni Spuren hinterlassen, vor allem im Vertrieb. Obwohl Börsenpreise anders als noch vor kurzem erwartet derzeit sinken, ist die Energiekrise nicht vorbei. „Der Gasmangel ist durch den sehr milden Winter, die Energiesparmaßnahmen und den schnellen Anschluss neuer LNG-Terminals an das Netz zwar ausgeblieben. Die Lage bleibt aber trotz gut gefüllter Gasspeicher unsicher.“ So hält Krämer weiter viel von sicheren Produktangeboten mit Preisgarantien, auf die die Masse seiner Kunden seit 2022 auch setzt. „Insgesamt sollen aber alle Enni-Kunden von sinkenden Börsenpreisen profitieren“, will Krämer Einkaufsvorteile wenn möglich weitergeben. So wird der Grundversorgungstarif beim Gas ab Juli erneut sinken, der damit rund 50 Prozent unter Vorjahresniveau liegen wird. Auch die eigentlich in Festpreisprodukten langfristig gebundenen Kunden sollen laut Krämer vom aktuellen Preisverfall profitieren. „Hier werden wir abhängig von der Laufzeit nach Ablauf des ersten Vertragsjahres ab Oktober oder Januar neue Angebote machen“, verspricht Krämer, dass nach aktueller Lage Strom und Gas dann auch für diese Kundengruppe spürbar preiswerter wird.