Im April ist ENNI 20 Jahre am Markt
Es ist ein Geburtstag, der im Schatten der Corona-Krise steht. So erinnerten Volker Marschmann als Aufsichtsratsvorsitzender der ENNI Energie & Umwelt Niederrhein (ENNI) und Geschäftsführer Stefan Krämer gestern ohne große Feier an die Geburtsstunde der Marke ENNI. Die erblickte im April, kurz nach der Jahrtausendwende, das Licht der Welt und ist nun erwachsen geworden. Damals wie heute war die Lage nicht einfach. Experten prognostizierten den meisten der über 1.000 ehemals als Monopolisten agierenden Stadtwerken im Zuge der Marktöffnung das Aus. Trotz der unsicheren Zukunft ergriffen Moers und Neukirchen-Vluyn – wie bis heute übrigens nur wenige Städte im Bundesgebiet – die Chance, im Verbund eines gemeinsamen Stadtwerks zu überleben. „Die Markengeburt war die Antwort im Umfeld aufkommender gelber und oranger Stromriesen“, sei ENNI laut Geschäftsführer Stefan Krämer damals zunächst als Produktmarke gestartet und erst im September des Jahres mit Gründung der Energie Wasser Niederrhein zur Unternehmensmarke geworden. ENNI hat seither eine rasante und selbst von Optimisten kaum erwartete Entwicklung gemacht und steht mittlerweile für mehr als nur das reine Energiegeschäft. Für Marschmann ist ENNI bis heute das Paradebeispiel erfolgreicher interkommunaler Zusammenarbeit. „Hier haben Kommunalpolitiker über Stadt- und Parteigrenzen hinweg die richtige Entscheidung getroffen.“ Heraus kam unter Beteiligung der privaten Gesellschafter RWE und rhenag ein heute bundesweit agierendes Stadtwerk, das seinen Heimatstädten die Rundumversorgung aus einer Hand sichert. „Der Schritt hat allein den kommunalen Gesellschaftern in zwei Jahrzehnten weit über 200 Millionen Euro Gewinn in leere Kassen gespült und der Region über Investitionen von rund 280 Millionen Euro und Aufträge von über 200 Millionen Euro enorme Kaufkraft gebracht“, sei ENNI laut Marschmann dabei mit 260 Millionen Euro heute viermal so viel wert wie zur Gründung und vielseitiger aktiv.
Am 1. April 2000 war das Unternehmen aber reiner Energiehändler und Netzbetreiber – Zukunft ungewiss. Mit steigendem Wettbewerb buhlten viele Anbieter um die Gunst auch der Moerser und Neukirchen-Vluyner Energiekunden. Entfernt war für ENNI damals die eigene Rolle als bundesweiter Strom- und Gasanbieter, in der das Unternehmen im Zuge ihrer bis 2003 erarbeiteten Wachstumsstrategie heute zehntausende Privat- und Geschäftskunden und viele Großunternehmen zählt. Zudem stieg das Selbstbewusstsein, Wachstum auch in anderen Bereichen zu forcieren. Mit dem Einstieg in die Energieerzeugung verabschiedete sich ENNI 2009 davon, ausschließlich Energiehändler zu sein. Hier fokussierte sich das Unternehmen früh und bereits vor dem Atomausstieg auf regenerative Projekte. Heute sieht sich ENNI am Niederrhein als den Treiber der Energiewende und kann wie nur wenige Stadtwerke in ihrem Stammgebiet Solar- und Windparks, ein Biomasseheizkraftwerk und Dutzende PV-Dachanlagen vorweisen. „Eine erfolgreiche Strategie, mit der wir attraktive Renditen erzielen und heute große Teile des in Moers und Neukirchen-Vluyn benötigten Stroms regenerativ erzeugen.“ Dort wo sinnvoll und die Unternehmensgröße für Großprojekte nicht reicht, hat das Unternehmen auch stets auf Partnerschaften wie dem Stadtwerkeverbund Trianel gesetzt. Über den ist ENNI aktuell am Bau des Off-shore-Windparks vor Borkum als einem der derzeit größten bundesweiten Erzeugungsprojekte beteiligt. Stolz ist Krämer auch auf das hundertprozentige Tochterunternehmen ENNI Solar, in dem er Dutzende Solarprojekte bündelt und dessen Geschäft er weiter ausbauen will. „Nachdem Windenergie zurückfällt, sehen wir hier auch für Stadtwerke große Chancen und suchen niederrheinweit Standorte für neue Anlagen.“
2007 begann für ENNI die Rolle des Dienstleisters. Hier gliederte die Stadt Moers zahlreiche kommunale Services, wie die Abfallabfuhr, die Straßenreinigung oder viele Sport- und Bädereinrichtungen in zwei Unternehmen aus – die Geburtsstunde der heutigen ENNI-Gruppe. Besonders auf die setzt Krämer bei seinen Wachstumsabsichten im dritten Markenjahrzehnt. Klares Ziel: Nicht nur mit Energie sondern mit vielen kommunalen Angeboten den Niederrhein erobern und mit seinem „veränderungsbereiten Team“ für Bürger zwischen Moers und Xanten Produkte und Dienstleistungen anbieten. Ausgangspunkt wird dabei die neue Firmenzentrale sein, in die die drei Unternehmen der ENNI-Gruppe einziehen werden. Dort sollen die heute rund 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit gemeinsamer Strategie mit allen Angeboten in die Region wachsen – als eine ENNI für zahlreiche Energie- und Infrastrukturdienstleistungen aus einer Hand.
Festhalten wird ENNI auch an einem weiteren Erfolgsbaustein der Vergangenheit – mit Partnern auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten. Große Hoffnung setzt Krämer dabei auf die Kooperation mit der Gelsenwasser AG, einem der größten deutschen Infrastrukturunternehmen. Die ist seit 2019 an ENNI beteiligt und hat dabei die Gasnetze in Rheinberg und Uedem in die Ehe eingebracht, für die ENNI zuvor in Ausschreibungen die Konzessionen gewonnen hatte. Das machte den wohl größten Wachstumsschritt seit Gründung möglich und das Unternehmen zum Regionalversorger. „Hier haben sich zwei Partner gefunden, die ähnlich ticken und bei denen die Chemie auch in der Führungsetage stimmt“, sieht Krämer schon weitere Schritte auch bei regenerativen Erzeugungsprojekten in Reichweite.
So zeigten sich Marschmann und Krämer trotz der unsicheren Lage rund um das sich ausbreitende Corona-Virus hoffnungsvoll. Beim Geburtstagsfoto hielten die beiden zwar Distanz, in der Sache stehen Geschäftsführung und Politik aber eng zusammen. „Wir wollen die Erfolgsgeschichte um möglichst viele weitere Episoden ergänzen“, soll vor allem der Niederrein weiter profitieren, mit dem man über tausende Kilometer Leitungsnetze untrennbar verbunden ist. „Wir sind als bürgernahes Unternehmen mit Kundenzentren und vielen die Lebensqualität der Menschen steigernden Sponsoringaktivitäten kein Billiganbieter“, verspricht Marschmann Bürgern wie in den letzten 20 Jahren aber weiter unterdurchschnittliche Energiepreise. Dies sei ebenso politischer Wille, wie die guten kommunalen Services auch anderen Kommunen am Niederrhein anzubieten. Für Krämer ist dabei wichtig, für die zu großen Teilen kommunalen Gesellschaftern in wirtschaftlichen schweren Zeiten weiter Gewinne zu erwirtschaften, den Arbeitsmarkt zu entlasten und den Wert des Unternehmens weiter zu steigern. Dabei setzt er trotz der vielen Onlineangebote auf Kundennähe. „Aktuell müssen wir wegen des Virus aber vernünftigerweise jeglichen Kontakt vermeiden, damit es bald wieder nach vorne geht.“ Dabei wird er weiter auf die Politik zählen können, wie Marschmann gestern nochmals ausdrücklich betonte. „Auch die heutigen Politiker sollen in 20 Jahren über sich sagen lassen, richtig fernab des Kirchturmdenkens für eine ganze Region entschieden zu haben.“